So etwa könnte man die Intention der eigenwilligen Orfeus-Inszenierung im Orion-Theater bezeichnen. Orfeus, der seine geliebte Eurydike verloren hat, soll mit seinem Klagegesang selbst die Tiere zum Weinen gebracht und schließlich sogar Hades bewegt habe, sie ihm zurückzugeben, jedoch unter der Bedingung, sich nicht umzudrehen, bevor er die Unterwelt nicht hinter sich gelassen hat. Soweit Ovid, aus dessen "Metamorphosen" die literarische Vorlage stammt. Doch wie unerwartet diese Interpretation! Lange fragt man sich, wo eigentlich die Hölle ist oder ob Sartre folgend tatsächlich jeder in seiner eigenen lebt. Eine Trümmerlandschaft, die ein Fluss (Styx?) teilt, in der Orfeus von seiner Mutter ignoriert aufwächst, herumstreunt und schließlich mit einem alten Recorder auch die Musik entdeckt, doch statt geteilter Freude löst die Musik bei den anderen Abwehr, ja sogar Schmerz aus. In dieser Welt gibt es nur ein Projekt, nur einen, der diktiert, wo es lang geht, und Leute, die folgen. Gefährlich, wenn da einer sein eigenes Lied entdeckt und wenn er dann noch eine andere, Eurydike, "infiziert", muss wenigstens diese verschwinden.
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"Ich singe, weil ich ein Lied hab"
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